18. April 2007
”Pin Mail” in Fulda und Bad Hersfeld setzt fast 80 Menschen von heute auf morgen auf die Straße
Ab 1. Januar 2008 – in einem Dreivierteljahr also – endet das Briefmonopol der Deutschen Post AG. Dann dürfen auch Konkurrenzunternehmen jede Art von Brief verschicken – bisher dürfen sie nur Briefe befördern, die schwerer als 50 Gramm sind. Das könnte geringere Gebühren für die Briefkunden bringen und neue Arbeitsplätze schaffen, meinte erst kürzlich Hessens Wirtschaftsminister Alois Rhiel (CDU). Ein neues Unternehmen, das sich auch die „grüne Post“ nennt, hat allerdings jetzt am Montag erstmal in Fulda und Bad Hersfeld rund 80 Menschen auf die Straße gesetzt.
Beitrag von Christoph Käppeler in hr 4 Nordosthessen am 18. April 2007
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Für die etwa 50 Mitarbeiter von „PIN Mail“ in der Frankfurter Straße in Fulda kam es am Montag völlig überraschend. Marianne Altmann, die bis letzte Woche die Post von den Kunden abgeholt hat, hatte morgens einen Brief zu Hause:
“Ich wollte gestern zu Arbeit...Depot Fulda aufgelöst worden ist“
Das Depot in Fulda sei unrentabel, sagte den Beschäftigten der Geschäftsführer von PIN Mail aus Kassel und ein Vertreter der Zentrale des PIN-Unternehmensverbundes in Luxemburg. Dabei bekamen die Mitarbeiter sowieso nur Stundenlöhne zwischen 6 und unter 7 Euro. Antwig Klein ist empört – er hat vom ersten Tag an, dem 1. Juni 2006, in dem neuen PIN-Mail-Depot in Fulda gearbeitet:
“Vom ersten Tag an.... ...nachmittags abgeholt”
Auch die 26 Mitarbeiter der Niederlassung in Bad Hersfeld verloren nach Angaben der Gewerkschaft verdi genauso am Montag ihren Job. Die PIN-Mail Zentrale in Luxemburg schreibt in einer dünnen Mitteilung nur, dass derzeit die „Lohn- und Beschäftigungsverhältnisse neu strukturiert“ würden. Dabei hatte Reiner Schulte, Geschäftsführer von PIN Mail in Kassel, kürzlich in Fulda etwas ganz anderes gesagt, so Hans Datschek:
“Anfang Febuar... krisenfester Arbeitsplatz”
PIN Mail Kassel hieß früher Annenpost, bevor sich das Unternehmen in die PIN-Gruppe einreihte. Die PIN-Gruppe wurde von den großen Verlagen Axel Springer, Georg von Holtzbrinck und der WAZ-Mediengruppe gegründet, um nach dem Ende des Briefmonopols der Post möglichst viele Kunden abzujagen. Mittlerweile gehören auch andere große Zeitungsverlage aus Nordrhein-Westfalen und Bayern zur Gruppe. Auch in Fulda soll offenbar jetzt ein Tochterunternehmen des Verlages Parzeller, in dem auch die „Fuldaer Zeitung“ erscheint, die Pin-Mail-Post verteilen. Verleger Michael Schmitt hat sich bisher dazu nicht geäußert. Marianne Altmann berichtet aber:
“Ich konnte das ... dort schon auf dem Parkplatz”.
Auch die Liste mit den Entlassenen wurde offenbar Parzeller zur Verfügung gestellt – denn Hans Datschek weiss von einer Bekannten, die gleich am nächsten Tag angerufen wurde:
“Sie wurde also... Hungerlohn arbeitet sie nicht”
Wenn die Vermutung der Entlassenen stimmen sollte, dann müßten die Zeitungsausträger in Fulda die Briefe von Pin-Mail in die Briefkästen werfen – zu noch niedrigeren Löhnen. In Fulda ist fast keiner der Entlassenen in der Gewerkschaft – in Bad Hersfeld etwa die Hälfte – „verdi“ will jetzt prüfen, ob sie überhaupt gefeuert werden durften und notfalls vors Arbeitsgericht ziehen.
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© 2007 Christoph Käppeler
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